THW Hünfeld und Tempelhof-Schöneberg feierten bundesweit einmalige Partnerschaft

„Außergewöhnliche Freundschaft“ gewürdigt – Festakt auf Point Alpha

 

17.08.2019


Ein außergewöhnliches und deutschlandweit einmaliges Jubiläum feierten die Ortsverbände (OV) Hünfeld und Tempelhof-Schöneberg, ehemals Zehlendorf, des Technischen Hilfswerkes (THW) im Blauen Haus auf Point Alpha: 50 Jahre Paten- und Partnerschaft. 1969 vom stellvertretenden Ortsbeauftragten Ulrich Winkler aus Hünfeld und vom Ortsbeauftragten Peter Heinze aus Zehlendorf gegründet, überdauerte die Freundschaft die innerdeutsche Teilung und besteht bis heute lebendig fort. Zahlreiche Ehrengäste und Helfer feierten das Jubiläum mit einem Wochenende der Begegnung und des Austausches.

Die Paten- und Partnerschaft begann eigentlich mit einem Zufall, erklärte Peter Heinze in seinem Rückblick während des Festaktes auf Point Alpha. Hünfelds Ortsbeauftragter Ulrich Winkler hatte im Frühjahr 1969 beruflich in West-Berlin zu tun und wollte einen THW-OV vor Ort besuchen. Seine Wahl traf auf Berlin-Zehlendorf, den er besuchte und bei dessen Chef Peter Heinze sofort der Funke übersprang. „Die Chemie passte“. Die Berliner überzeugten Ulrich Winkler mit ihren Geräten und vor allem ihrer einheitlichen Dienstbekleidung. Die Hünfelder boten dem gegenüber vielfältige räumliche Übungsmöglichkeiten. Nicht lange gewartet, vereinbarte man für 1969 eine gemeinsame Übung mit Zeltlager am Giebelrain. Mit viel Humor und Augenzwinkern erläuterte Heinze, wie diese Freundschaft entstand. So musste das anfangs von DDR-Seite als „paramilitärische Einheit“ eingestufte THW immer wieder einige Hindernisse überwinden. Dazu gehörten zum Teil schikanöse Grenzkontrollen, aber auch der Transport von Hilfsmitteln über die innerdeutsche Grenze hinweg. Stiefel der Berliner seien so in einem Seesack auf dem Luftweg und auf der Schiene in die Haunestadt gebracht worden. Ein Fass Kreuzbergbier sei, so Hünfelds Ortsbeauftragter Alexander Wiegand ergänzend, mit Hilfe eines THW-Bergetuches auf den Flug nach Berlin geschickt worden. Es seien „Schlitzohrigkeit und Sturheit“ gefordert gewesen, die den Beginn dieser Verbindung sicherten, ergänzte Heinze. Grund genug für beide Ortsverbände, diese Freundschaft gerade an diesem „authentischen Ort deutscher Geschichte“, auf Point Alpha, zu feiern, erklärte der Mitbegründer abschließend.

Die 1970er- und 80er-Jahre seien geprägt gewesen von jährlichen Übungen und Begegnungen in den beiden Partner-OV, führte Wiegand den geschichtlichen Rückblick weiter. Unter anderem nahmen die Zehlendorfer im August 1973 am Wettkampf um den Wella-Wanderpokal am Giebelrain teil. Für das große Waldlager zwischen Dietershausen und Friesenhausen wurde als logistische Großleistung eine Wasserversorgungsleitung direkt von der Haunequelle angelegt. Übungen auf der Havel oder am Wasser auf dem Polizeiübungsgelände auf der Insel Eiswerder wechselten sich ab mit Übungen in Hünfeld und der Rhön. So bewältigten die Helfer 1976 gemeinsam das Übungsszenario eines Flugzeugabsturzes an der Klausmarbacher Brücke oder 1982 eine Bergungsübung auf dem Amerikanischen Übungsgelände „Moba City. Für besondere Außenwirkung sorgte im Juni 1987 eine gemeinsame Übung mit Waldlager in Michelsrombach. Dort wurde unter Einsatzbedingungen eine Notbrücke mit einer Tragfähigkeit von 16 Tonnen als Ersatz für eine gerade zu renovierende Steinbrücke über die Nüst in Mackenzell gebaut. Aber auch ein 14 Meter hoher Kamin in Betzenrod wurde gesprengt. Ein weiteres, besonderes Gastgeschenk der Berliner Partner war zudem Ende Mai 1992 ein Mauerstück. „Die Mauer war gefallen, die unsägliche deutsch-deutsche Trennung überwunden. Der Weg war frei für ungehinderte Begegnungen ohne Grenzkontrollen der eigenen Art“, betonte Wiegand weiter Für legendäre Erinnerungen sorgte 1990 die Sicherung einsturzgefährdeter Häuser im Holländerviertel von Potsdam durch die Berliner und Hünfelder Kameraden. Als die Partnerschaft in den 1990er-Jahren einzuschlafen schien, führte vor allem die 30-Jahr-Feier der Partnerschaft 1999 dazu, diese wieder mit Leben zu füllen. Die Barbarafeiern in Hünfeld und die Feuerwehrbereitschaften in Berlin seien weitere Impulse gewesen, diese Freundschaft mit Energie fortzuführen, bilanzierte Wiegand.

Lebendige Partnerschaft

Und dass diese Partnerschaft überaus erfolgreich und aktiv heute dastehe, konstatierte Oliver Schultz, Ortsbeauftragter des THW-OV Tempelhof-Schöneberg. Die Brücke bzw. die Luftbrücke, die auch im Jubiläumslogo zum Ausdruck komme, symbolisiere diese enge Verbindung, die ehemals mit dem OV Zehlendorf entstand und im Rahmen einer Bezirksreform in Berlin 2001 an den OV Tempelhof-Schöneberg überging. Diese Freundschaft müsse nun von der jüngeren Generation weitergetragen werden, um so in gemeinsamen Übungen, auch Einsätzen, und Begegnungen sich kennenzulernen und voneinander zu profitieren. Die Partnerschaft lebe gerade von diesen Helfern. Als Gastgeschenk überreichte er ein von Kameraden selbst konstruiertes Bronze-Kunstwerk, das die grenzüberschreitende Freundschaft mittels des THW präsentiert.

„Bundesweit einmalig“ und gelebter Ausdruck von Frieden und Freiheit“ seien diese 50 Jahre Partnerschaft, unterstrich Bundestagsabgeordneter Michael Brand (CDU), auch im Namen seinen Kollegen Jan-Marco Luczak (CDU) aus Tempelhof-Schöneberg. Diese Freundschaft, symbolisiert in der Luftbrücke und dem Radom der Wasserkuppe im Jubiläumslogo, stehe ganz unmittelbar für die deutsche Einheit. Diese THW-Helfer seien „ein Geschenk“, die durch ihre „Kameradschaft, Professionalität und internationale Arbeit“ überzeugten und für ganz besondere Werte stünden. Denn mit der Hünfelder und Berliner Verbindung sei „etwas Nachhaltiges, ein Vorbild für uns alle“ entstanden, der die Überwindung der deutschen Teilung „grandios“ beweise, würdigte der Landesbeauftragte des THW-Landesverbandes Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt, Sebastian Gold: „Einer der bedeutendsten Tage in diesem Jahr“. Ein Lob, dem der Referent des THW-Landesverbandes Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, Jörg Eger, nur zustimmen konnte. Eine solche „beeindruckende Partnerschaft“ stünde auch für einen besonderen Einsatzwillen der Helfer über das Gewöhnliche hinaus, um diese Verbindung lebendig zu halten. Er konnte in diesem feierlichen Rahmen Erich Hollstein vom THW-OV Hünfeld für 50 Jahre Zugehörigkeit und sein vielfältiges Engagement auszeichnen. Für ihren Einsatz beim Moorbrand in Meppen ehrte er zudem Oliver Renz und Jürgen Raschdorf vom Gastgeber-OV.

In weiteren Grußworten würdigte Dr. Eberhard Fennel, Präsident des DRK-Kreisverbandes Hünfeld und Vorstandsmitglied der Point Alpha Stiftung, das große Engagement der die Partnerschaft gestaltenden Menschen. Denn diese lebten diese Verbindung Hünfelds Erstem Stadtrat Stefan Schubert zufolge mit großem Stolz vor. Dieses Einstehen für gemeinsame Werte und Freundschaft, die Stefan Merten, ehemaliger Regionalstellenleiter und Repräsentant des THW-Leitungsstabes mit THW-Präsident Albrecht Broemme an der Spitze, lobte, sorge auch dafür, dass das THW „ein verlässlicher, fairer Partner“ sei, ergänzte Hünfelds Stadtbrandinspektor Thorsten Rübsam. In einem von Katrin Testrich-Volz vorgetragenen Grußwort von Oliver Schworck, Bezirksstadtrat von Tempelhof-Schöneberg, dankte dieser für den beispielhaften Einsatz für die Gesellschaft vor Ort und Grenzen übergreifend.

Zum Rahmenprogramm gehörten eine Führung durch die Haunestadt mit einem anschließenden Besuch des Grabes von Partnerschaftsbegründer Ulrich Winkler mit einem Gedenken an die verstorbenen THW-Kameraden und eine gemeinsame Abendveranstaltung an den Teichanlagen in Rasdorf. Hier überreichten Hünfelds Ortsbeauftragter Alexander Wiegand und Zugführer Oliver Renz den Berliner Gästen eine Feuerschale mit einer Erinnerungsplatte an dieses Jubiläum. Zum Rahmenprogramm gehörten zudem eine Führung durch die Haunestadt sowie einen Besuch des Grabes von Partnerschaftsbegründer Ulrich Winkler mit einem Gedenken an die verstorbenen THW-Kameraden. Weiterhin überreichte Stefan Kiekopf vom gleichnamigen Pizza- und Crêpes-Service einen Scheck über 500 Euro an die Hünfelder THW-Helfer. Moderiert wurde der Festakt von Michael Hohmann.


Text: Bernd Müller-Strauß

Bilder: Bernd Müller-Strauß / Matthias Grommek

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